Der junge, nachdenkliche Drache namens Philosophus liebte es, über die Geheimnisse des Universums und die alten Geschichten, die ihm seine Vorfahren erzählten, nachzudenken. In vergangenen Zeiten bestimmten Machtkämpfe eindeutig, welcher Drache die Führung der Sippe übernahm. Doch in der modernen Ära war dies anders.
Philosophus, von Natur aus ein tiefsinniger Drache, wurde oft von seinen Spielkameraden verspottet, die lieber auf den weiten Wiesen tollten und Flugrennen veranstalteten, um die höchste Wolke zu erreichen. Aber Philosophus war anders. Statt sich an den Wettkämpfen zu beteiligen, grübelte er darüber nach, warum er nicht auf einer schönen, dicken Wolke sitzen konnte, da diese ihm keinen Halt bot und er immer wieder hinunterfiel.
Er fragte sich auch, woher das Feuer in seinem Inneren kam, das er vor allem dann kaum bändigen konnte, wenn er zornig war. Die anderen jungen Drachen veranstalteten Wettkämpfe, um zu sehen, wer am weitesten Feuer spucken konnte, und freuten sich, wenn sie dem alten, vergesslichen Drachen Vergessius seine Räucherkräuter anzündeten, sodass die Höhle voller Qualm war und die Augen brannten.
Vergessius kannte viele spannende Geschichten aus seinen Abenteuern, die er in seinem langen Leben erlebt hatte. Doch mit der Zeit verblassten seine einstige Weisheit und Stärke in den Nebeln der Vergangenheit.
Aus diesem Grund beschloss Philosophus, die Geschichten aufzuschreiben, damit sie nicht in Vergessenheit gerieten. Ihm war es wichtig zu wissen, woher er kam und wie die Welt früher aussah. Diese zeitlosen Geschichten riefen Bilder und Gefühle in ihm hervor, die die Grenzen der Zeit überschritten.
Drachen haben eine Vorliebe für alles, was glitzert. Wenn sie etwas Goldenes sehen, können sie nicht einfach daran vorbeigehen. Sie verspüren einen Drang, den Gegenstand an sich zu nehmen, egal, was es kostet.
Doch die Geschichten erzählten nicht nur von materiellen Dingen und wie diese in Vergessius Eigentum gelangten, sondern auch von den Werten und Tugenden, die das menschliche Drachensein Miteinander prägten. Ehrlichkeit, Mitgefühl, Mut und Liebe sind Werte, die in jeder Epoche wichtig sind und die Grundlage für ein harmonisches Zusammenleben bilden. Diese Werte verlieren nie an Bedeutung und gelten daher als zeitlos.
Dies war tief in der Drachenkultur und ihrem Wesen verankert. Es verbindet sie mit der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft und erinnert sie daran, dass wahre Schönheit, Bedeutung und Werte keine zeitlichen Grenzen kennen. Das Zeitlose begleitet uns und bereichert unser Leben, indem es uns über den Moment hinaus erhebt.
Einst, in längst vergangenen Tagen, als Vergessius noch ein junger und kraftvoller Drache war, begab er sich auf eine Reise, die ihn tief in die mystischen Wälder des Nordens führte. Diese Wälder waren bekannt für ihre unergründlichen Geheimnisse und die sagenhaften Kreaturen, die sie bewohnten.
Er war auf der Suche nach dem legendären Herzstein, einem magischen Juwel, das angeblich die Kraft besaß, die Weisheit und Stärke seines Trägers zu vervielfachen. Der Stein war einst im Besitz eines uralten Drachenkönigs, der ihn in einer geheimnisvollen Höhle versteckt hatte, um ihn vor den gierigen Augen der Welt zu bewahren.
Die Reise war lang und beschwerlich. Vergessius musste sich durch dichte Wälder schlagen, reißende Flüsse überqueren und steile Berge erklimmen. Doch er ließ sich nicht entmutigen, denn sein Herz war erfüllt von dem Wunsch, den Herzstein zu finden und die Geheimnisse der Vergangenheit zu lüften.
Eines Nachts, als der Vollmond den Wald in ein geisterhaftes Licht tauchte, hörte Vergessius ein leises Flüstern. Es war die Stimme einer Waldnymphe, die ihn zu einer verborgenen Lichtung führte. Dort, inmitten eines Rings aus uralten Bäumen, fand er die Höhle, in der der Herzstein versteckt war.
Die Höhle war dunkel und voller Tücken. Vergessius musste seinen Weg durch ein Labyrinth aus schmalen Gängen und gefährlichen Fallgruben finden. Schließlich, nach vielen Stunden des Suchens, stand er vor einer riesigen Stein Tür, die mit alten Runen bedeckt war. Er legte seine Klaue auf die Runen und sprach die Worte, die ihm die Waldnymphe ins Ohr geflüstert hatte. Mit einem leisen Knarren öffnete sich die Tür und gab den Blick auf den Herzstein frei.
Der Drache trat vorsichtig in die Kammer und nahm den leuchtenden Stein in seine Klauen. In diesem Moment spürte er eine Welle der Weisheit und Stärke durch seinen Körper strömen. Der Herzstein erfüllte ihn mit einer tiefen Erkenntnis über die Welt und die Bedeutung von Tugenden wie Ehrlichkeit, Mitgefühl, Mut und Liebe.
Mit dem Herzstein kehrte er in seine Heimat zurück und teilte sein neu gewonnenes Wissen mit seinen Drachengeschwistern. Diese Reise und die Lehren, die er daraus zog, prägten Vergessius für den Rest seines Lebens und machten ihn zu dem Weisen und ehrwürdigen Drachen, den Philosophus so sehr bewunderte.
Diese Geschichte von Vergessius Vergangenheit zeigt, dass wahre Weisheit und Stärke nicht aus materiellen Besitztümern, sondern aus den Tugenden und Werten entstehen, die unser Leben bereichern und uns über den Moment hinaus erheben.
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